Vorschriftenlage zur Gefahrgutbeförderung
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Grundlage / Basis
Grundlage aller Gefahrgutvorschriften sind die Modellvorschriften der Vereinten Nationen, genauer Recommendations on the Transport of Dangerous Goods – Model Regulations (UN RTDG), das sogenannte Orange Book,
zu Deutsch: Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter.
Dabei handelt es sich formal nicht um Rechtsvorschriften, sondern um Empfehlungen.
Diese UN RTDG wurden erstmals im Okt. 1956 veröffentlicht (ST/ECA/43-E/CN.2/170) und werden seitdem in einem zweijährigen Rhythmus aktualisiert (Quelle: https://digitallibrary.un.org/record/760697).
Internationale Zusammenhänge
Aus diesen UN RTDG wurden und werden durch die internationalen Organisationen ICAO, IMO, UNECE, OTIF und ZKR die Vorschriften bzw. Abkommen für die einzelnen Verkehrsträger entwickelt.
Dabei handelt es sich um die ICAO-TI (Luft), den IMDG-Code (See), das ADR (Straße), das RID (Eisenbahn) und das ADN (Binnenwasserstraßen).
kurzer historischer Hintergrund:
- Das ADR wurde erstmals im Sep. 1957 veröffentlicht (Quelle: https://treaties.un.org – depositary – status of treaty – chapter XI – Road Traffic, 14.)
- Zum RID gab es erste Regelungen bereits im Okt 1890. (Quelle: https://otif.org – Referenztexte – RID 2023 – Erläuternde Bemerkungen).
- Erste Regelungen zur Beförderung gefährlicher Güter auf dem Rhein (heute im ADN enthalten) stammen bereits aus 1838 (Quelle: https://www.ccr-zkr.org – Dokmente – Übereinkommen – ADN 2023, Vorwort).
Es ist schon bemerkenswert, wie lange es einige Vorschriften schon gibt.
Europäische Union (EU)
Durch die Richtlinie 2008/68/EG über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland (RL Binnenland) wurden ADR, RID und ADN für die Mitgliedsstaaten der EU, die entsprechende Verkehrswege besitzen, verbindlich.
In den Anhängen I (Straße), II (Eisenbahn) und III (Binnenwasserstraßen) sind spezielle Bestimmungen sowie nationale Ausnahmen veröffentlicht.
Deutschland "Gefahrgutvorschriften"
Grundlage für die Beförderung gefährlicher Güter ist das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG), das für alle Verkehrsträger gilt und aus dem sich einige weitere Verordnungen ergeben. Die beiden wichtigsten sind sicherlich die Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschiff (GGVSEB) und die Gefahrgutverordnung See (GGVSee). Aber auch aus die GGAV, die GbV, die GGKontrollV und die ODV enthalten wichtige Regelungen.
Mit der GGVSEB werden zunächst ADR, RID und ADN in Kraft gesetzt. Darüber hinaus sind in der GGVSEB wichtige Begriffsbestimmungen und Hinweise zu Zuständigkeiten, Pflichten und Ordnungswidrigkeiten enthalten.
Die GGVSEB wurden 2009 im BGBl. Teil II veröffentlicht. Davor regelten einzelne Verordnungen die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (GGVS, ab ca. 1979), mit Eisenbahnen (GGVE ab ca. 1979) und mit der Binnenschifffahrt (GGVBinsch, ab ca. 1994). Von 2006 bis 2009 gab es noch eine GGVSE.
Durch die GGVSee (eine erste Verordnung über die Beförderung mit Seeschiffen wurde bereits 1955 im BGBl, Teil II verkündet) wird der IMDG-Code in Kraft gesetzt. Darüber hinaus sind auch in der GGVSee Hinweise zu Zuständigkeiten, Pflichten und Ordnungswidrigkeiten enthalten.
Da bisher (noch) keine GGVLuft verkündet wurde, sind die ICAO-TI, die vom LBA durch die NfL verbindlich eingeführt wurden, anzuwenden.
In der Praxis werden üblicherweise die IATA-DGR angewendet. Formal handelt es sich dabei nicht um eine „Rechtsvorschrift“, sondern um eine „private“ Vorschrift der Luftverkehrsgesellschaften.
In der Gefahrgutausnahmeverordnung (GGAV) sind Ausnahmen von der GGVSEB und der GGVSee enthalten, die nur innerhalb Deutschlands gelten.
Durch die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) wird die Forderung aus dem ADR, RID und ADN nach einem Sicherheitsberater, üblicherweise als Gefahrgutbeauftragter (Gb) bezeichnet, umgesetzt.
Mit der Gefahrgut-Kontrollverordnung (GGkontrollV) werden Anforderungen an Gefahrgutkontrollen auf der Straße und in Unternehmen festgelegt.
Die Ortsbewegliche Druckbehälter-Verordnung (ODV) ist eigentlich keine direkte „Gefahrgutvorschrift“.
Durch die ODV werden „organisatorische“ Anforderungen (wie Zulassung, Herstellung, Prüfung, Inverkehrbringen, Marktüberwachung usw.), die sich u.a. aus EG-Richtlinien an bestimmte Druckbehälter ergeben, festgelegt. Bei der „Verwendung“ von Druckbehältern ist die ODV wichtig.
Aus den Richtlinien Straße, Eisenbahn und Binnenschiff (RSEB) sowie der Richtlinie Maritim (RM) ergeben sich Hinweise zur Anwendung von GGVSEB, GbV, GGAV, ODV, ADR, RID und ADN sowie GGVSee und IMDG-Code. Darin enthalten ist auch jeweils ein Buß- und Verwarngeldkatalog.
Deutschland "weitere Bestimmungen"
Neben den erwähnten Gefahrgutvorschriften gibt es in Deutschland noch weitere Regelungen, die im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter relevant sind bzw. sein können.
Beispielsweise ergeben sich aus Hafensicherheitsverordnungen einzelner Bundesländer bestimmte Vorgaben u.a. an die Anmeldung gefährlicher Güter in Seehäfen.
Aus Bestimmungen der Aufsichtsbehörden, Gewerbeaufsichtsämter oder einzelner Bezirksverwaltungen, ergeben sich Regelungen für bestimmte Anmeldungen, wie Anzeigepflicht vor der Beförderung bestimmter explosiver Gegenstände, wie Airbags oder Feuerwerk.
Durch zuständige Behörden, wie Bundesamt für Materialprüfung und Forschung (BAM), können sich weitere Regelungen ergeben. Durch die BAM wird u. a. die Prüfung von Verpackungen + IBC oder auch die Zulassung von Tanks geregelt.
Die BAM ist auch die zuständige Behörde für die Klassifizierung gefährlicher Güter. Im Falle von ansteckungsgefährlichen Stoffen für Menschen und Tiere ist jedoch das Robert Koch-Institut (RKI) zuständig.